Kennen Sie direkt befeuerte Pot Stills?

Warum heute Brennblasen noch mit Gas befeuert werden

Seit mehreren Jahrhunderten wird in Schottland Whisky gebrannt. Der Prozess ist im Prinzip einfach. Der Teufel steckt im Detail. Ganz kurz gesagt, aus einer Gerstenmaische braut man ein Bier ohne Hopfen. Dieses Bier mit 7 bis 9% Alkohol füllt man in einen Topf aus Kupfer und erhitzt es über einem Feuer. Die entstehenden Dämpfe kondensiert man in einer Kupferspirale, die in einem mit frischem Wasser durchflossenen Holzbottich liegt. Fertig.

Alkoholische Dämpfe und offenes Feuer nebeneinander können zu Verpuffungen aber auch richtigen Explosionen führen. Mehr als einem Schwarzbrenner ist seine kleine Kupferanlage damals wie heute schon mal um die Ohren geflogen.

Als das Schwarzbrennen in den schottischen Highlands mit der Vergabe von Lizenzen ab 1823/24 zurück gedrängt wurde, begann man größere Brennblasen in industrieller Bauweise zu errichten. Dazu gehörte ein gemauerter Sockel im Keller des Brennhauses, auf dessen oberen Rand die Brennblase aufgesetzt wurde. Der runde Sockel mit mehreren Metern Durchmesser enthielt den großen Brennraum, in dem meist mit Kohle das große Feuer geschürt wurde. Die Luftzufuhr wurde über Schlitze in den Feuerlochtüren aus Gusseisen geregelt und auf der Rückseite wurden die Abgase über Kanäle zum großen Schornstein geleitet, der den entsprechenden Zug aufbaute.

Anfang des 19. Jahrhunderts kannte man sich mit offenem Feuer weitaus besser aus, als wir das heute noch können. Dennoch war es schwierig, die Temperaturen in den Pot Stills so einzustellen, dass das Brennen nicht zu lange dauerte, es aber auch nicht zum Überkochen kam. Im letzteren Fall wurden aufwändige Reinigungen der Kühlschlangen und Auffangbottiche erforderlich.

Dennoch kam es hin und wieder noch zum Ausbruch von Feuern, dem ganze Brennereien zum Opfer fielen. Der letzte große Brennereibrand müsste Mitte der 60er Jahre bei Talisker gewesen sein. Der Brand bei Kilchoman ging dagegen auf Schweißarbeiten (wie so oft bei heutigen Bränden) zurück.

Wie erhitzt man heute das Wash in den Brennblasen? Am weitesten verbreitet ist eine Heizung mit Heißdampf. Außerhalb des Brennhauses steht ein Boiler, der meist mit Öl oder Erdgas gefeuert ist. Der heiße Dampf wird über isolierte Rohrleistungen in die Brennblasen geleitet, die ein kompliziertes Innenleben aus Spiralen und/oder Heizzylindern zeigen. Der Dampf kühlt sich im inneren dieser Rohrleitungen und Heizzylindern soweit ab, dass er sich verflüssigt und über Auslässe am Boden der Pot Still in eine Sammelleitung fließt und erneut im Boiler verdampft wird. Die Regelung dieser Pot Still Heizungen erfolgt über die Temperatur des Dampfes und die Durchflussmenge. Der Dampf steht dabei leicht unter Druck und erreicht Temperaturen von bis zu 120°C. Vollkommen ausreichend um die Siedetemperatur von 78°C des Alkohols zu überschreiten. Tatsächlich wird bei der Destillation auch eine Menge Wasser mit verdampft.

Allerdings hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Umstellung auf Dampfheizung auch zu einer Geschmacksveränderung führte. Das hat drei Gründe. Zum einen ist da die weitaus höhere Wandtemperatur der kupfernen Pot Stills bei einer direkten Befeuerung. Immerhin trifft eine über 1.000°C heiße Flamme auf die Außenseite der Brennblase. Kupfer ist ein extrem guter Wärmeleiter und so erreicht die innere Oberflächentemperatur Werte von 450 bis 800°C. Diese hohen Temperaturen haben starken Einfluss auf die Substanzen des Wash (Biers), die für den Geschmack des Whiskys verantwortlich sind. Viel höhere Oxidationsgrade sind die Folge.

Zum zweiten beginnen die noch festen Bestandteile im Wash, das sind vor allem Überreste der Schalen des Korns, an den Innenwänden anzuhaften. Es entstehen sogenannte Röstaromen, wie wir sie prinzipiell von der heimischen Bratpfanne her kennen.
Da sich diese Stoffe nicht an der Innenseite der Pot Still festsetzen dürfen, läuft im Inneren der Pot Stills ein sogenannter Rummager um. Im Englischen bedeutet das Verb to rummage soviel wie gründlich durchstöbern. Und genau das tut die Kette des Rummagers, die von außen über Elektromotor und Kegelgetriebe bewegt wird.

Der dritte Einfluss auf den Geschmack des Whiskys stammt von dieser Kette. Sie schleift mit ihren runden Kettengliedern an der Innenseite der Pot Still und reibt die festbackenden Schalenreste ab. Dabei kommt es zu einem intensiven Kontakt mit dem Kupfer und katalytische Reaktionen finden statt. Dieser ewige Lauf der Kette führt dabei zu einem stetigen Abrieb von Kupfer auf der Innenseite. Deshalb sind die Kupferbleche der Unterteile von direkt gefeuerten Pot Stills in der Regel doppelt so stark wie von mit Dampf beheizten. Die Wandstärken erreichen 8 bis 10mm. Doch auch diese Wandstärken verhindern nicht, dass eine regelmäßig laufende direkt beheizte Pot Still nach spätestens 50 Jahren ersetzt werden muss.

Kohlefeuerung ist aufwändig. Nicht nur muss manuell die Kohle den Feuerstellen zugeführt werden, auch die Asche muss regelmäßig entfernt und teuer entsorgt werden. Eine Zeit lang sah es so aus, als ob die direkt befeuerten Pot Stills vor dem Aus stünden. Mehr und mehr Brennereien stellten ab den 70er Jahren auf indirekte Heißdampf-Heizung um. Ein Teil der Brennereien war sich jedoch um den Geschmackseinfluss der Feuerart bewusst. Als ich mir Mitte der 90er Jahre die Heiztechnik in vor Ort in Schottland ansah, so fand ich bei Ardmore und Glenfiddich noch Kohlehaufen vor den Brennhäusern liegen.

Neue EU-Feinstaubgrenzen machten es diesen Brennereien faktisch unmöglich, die Kohlefeuerungen weiter in Betrieb zu erhalten. Zu teuer und aufwändig waren die erforderlichen Feinstaubfilter. Und so kam, was schon andere Brennereien wie Macallan vorgemacht hatte. Man behielt die direkte Feuerung der Brennblasen bei, stellte aber den Brennstoff auf Erdgas um. Damit hatte man drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Man behielt die hohen Temperaturen bei; man vermied den Feinstaubausstoß und konnte zusätzlich die Brandgefahr weiter reduzieren.

Wenn ich heute zu einer neuen Brennerei nach Schottland fahre und weiß nicht, wo genau sie liegt, so halte ich immer nach den erforderlichen und schon von Weitem sichtbaren Schornsteinen für die Pot Still-Heizungen ausschau. Sie sind silbern, haben gebogene Stabilisierungsbleche und oben einen schwarzen Auslass, damit der sich dennoch niederschlagende leichte Ruß keinen ausgefransten Rand verursacht. Hin und wieder sieht man bei älteren Brennereien noch alte, gemauerte Kamine. Sie sind weithin sichtbaren Zeichen, dass hier früher mit Kohle gefeuert wurde. Einen solchen Kamin heute noch in Betrieb zu halten leistet sich aber meines Wissens keine Brennerei mehr. Viel zu aufwändig und kostspielig wäre die Wartung, weil versottete Steine regelmäßig getauscht werden müssen. Auch setzen die heftigen Stürme im Norden diesen Bauwerken zu, so dass von diesen Kaminen auch Steine im Sturm herabfallen könnten.

Wenn Sie also noch einen alten gemauerten Kamin, egal ob rund oder eckig, an einer Brennerei sehen, so denken Sie bitte an die Mitarbeiter, die früher an den Feueröffnungen im Schweiße ihres Angesichts gearbeitet haben.

P.S.: Zu den Brennereien, die heute noch direkt ihre Pot Stills befeuern gehören: Glenfarclas, Glenfiddich, Macallan und Springbank.

Bilder aus dem Inneren von Stills finden Sie hier auf unserer Webseite.