Schwierige Zeiten für Genießer

Macallan Whisky wird rar

In den Anfangsjahren von The Whisky Store, es war noch vor dem Jahr 2000, galt der 25-jährige Macallan aus dem Sherryfass als das Non-Plus-Ultra der schottischen Whiskys. Dies waren auch die Jahre, die den Vergleich der Single Malts aus der Macallan Brennerei mit den Rolls-Royce unter den Autos begründete.

Zwar wurden die Flaschen in einer fast unwürdigen, rustikalen Rohholzkiste mit Holzwollefüllung ausgeliefert. Doch den Fans des Whiskys machte das nicht aus. Neben dem Alter war auch immer der Brennjahrgang in klein mitangegeben. Um das Jahr 2000 verschwand dann auf einmal das Brennjahr. Sehr zum Bedauern der Sammler, die auf eine stolze Serie bis zum Jahr 1974 in ihrem Regal blicken konnten. Etwas Trost fanden Sammler und Genießer im Erscheinen des neuen 30-Jährigen in einer königsblauen Holzkiste. Es wurde hochwertiger, aber auch deutlich teurer.

Nachdem beim 25-Jährigen der Stecker gezogen war, gewann der 18-Jährige – erneut mit Jahrgangsangabe aber in einfacher Pappschachtel – an Bedeutung. Auch hier erfolgte wieder eine Irritation der Genießer, als nach der Jahrtausendwende auf einmal für kurze Zeit ein 15-Jähriger zusätzlich mit Jahrgangsangabe 1985 in unserem Internet-Shop auftauchte. Dies war aber nicht nur eine Bereicherung, sondern auch der Auftakt zu einem beispiellosen Anstieg des Verkaufspreises des 18-Jährigen. Kostete der 18-Jährige 1994 noch 90,50 DM, so sind heute 198 EUR fällig. Die hohe Nachfrage und das minimale Angebot fordern ihren Preis.

Der Grund für diese erste Verknappung des Macallan hat sich mittlerweile herum gesprochen. Whisky muss zwischen Destillation und Abfüllung in die Flaschen lange reifen. 1984/85 fand ausserdem die britische Rezession im großen Bergarbeiterstreik ihren Höhepunkt. Die Kohlegruben wurden geschlossen und die britische Wirtschaft lag am Boden. Der Absatz der Macallan Whiskys stockte und damit auch der Cashflow der Brennerei. Nach 1985 war kein Geld mehr da, um größere Mengen an Malt Whisky zu brennen. 18, 25, und 30 Jahre später rächt sich das. Es liegen einfach keine gereiften Whiskyfässer mehr in der Brennerei. Wo nichts ist, kann man auch nichts abfüllen.

Macallan und wir können uns dennoch glücklich schätzen. Während ehemals berühmte Brennereien wie Port Ellen, Millburn und Glen Mhor für immer schließen mussten, ging es bei Macallan schon bald weiter. Schließlich gab es nicht nur Single Malt Whisky abzufüllen. Der Export von Blended Whiskys stützte die britische Konjunktur und bei Macallen liefen die Brennblasen weiter.

Als die Whiskymaker bei Macallan nach der Jahrtausendwende immer weniger auf alten, gereiften Single Malt Whisky zurückgreifen konnten, galt es neue Wege zu beschreiten. Es erschienen nacheinander 2001 und 2002 zwei verschiedene Arten von Replikaflaschen. Die einen zeigten im Äußeren die alten Flaschenformen, die so exakt nachgebildet waren, dass man sogar die damals üblichen Luftblasen im Glas der Flaschen wiederfand. Handelte es sich bei den ersten Replikas um richtig alte Macallans des 19. Jahrhunderts (1841, 1861), so war die zweite Serie mehr für den Konsumenten denn für den Sammler gedacht. Der Gedanke war genial. Man kreierte mit aktuellen jungen Single Malts Whiskys aus den 20er, 30er, 40er und 50er Jahre des 20. Jahrhunderts nach.

Irgendwann wurden dann aber doch die Böden der Lagerhäuser sichtbar. Der Absatz hatte sich global nach der Implosion der Internetblase dermaßen erhöht, dass Macallan kein Land mehr sah. Bzw. kein Land mehr Flaschen von Macallan sah. Es musste etwas geschehen. Dabei fiel das Auge von Bob Dalgarno, der 'Whiskynase' von Macallan auf die bislang bei Macallan 'verschmähten' Ex-Bourbonfässer. Erklärend muss gesagt werden, dass bis 2003 sämtlicher Single Malt Whisky bei Macallan ausschließlich aus spanischen Sherryfässern abgefüllt wurde. Die Frucht des Sherrys, verbunden mit der Würze der europäischen Eiche und der besondere Brennereicharakter der kleinen Pot Stills, sorgten für das bekannte, nahezu unnachahmliche Aroma der Macallans aus den Sherryfässern.

Im Herbst 2003 wurde dann die 'wichtigste Neuerscheinung bei Macallan seit 180 Jahren' vorgestellt: Die Fine Oak Serie. Wanderten bislang die Malt Whiskys aus den Ex-Bourbonfässern ausschließlich zu den Blendern, begann man nun diese Fässer in die Fine Oak Serie unterzumischen. Für die einen glich dies Blasphemie, doch die Exportländer rissen sich um diese etwas preiswerteren Flaschen. Blöd lief es für Länder wie Deutschland, die von der offiziellen Versorgung mit Ex-Sherryfasswhiskys abgeschnitten wurden. Man definierte in Schottland, dass die Deutschen – bekannt in Schottland für ihren geringen Whiskykonsum – wie ein asiatisches Exportland behandelt würden. Der Aufschrei war groß, verhallte aber ziemlich ungehört bei den schottischen Marketingstrategen. Bis offiziell wieder Flaschen des beliebten 12-Jährigen aus dem Sherryfass nach Deutschland kamen sollten viele, zu viele, Jahre vergehen.

Bei uns anfangs ziemlich verschmäht, zeigte der Fine Oak Single Malt mit der Zeit den Genießern, was in ihm steckt. Denn Macallan setzte nicht vollständig auf Ex-Bourbonfässer, sondern mischte Malt Whisky aus Ex-Bourbonfässern mit Whiskys, die aus Ex-Sherryfässern stammten. Und man beschränkte sich nicht nur auf Ex-Sherryfässer aus europäischer Eiche, sondern man verwendete auch solche aus viel milder reifender amerikanischer Weißeiche.

In den Jahren danach war Macallan nicht untätig. Man baute 2005 neue Lagerhäuser auf benachbartem Grund, um den Rohwhisky, der mittlerweile rund um die Uhr und rund ums Jahr produziert wurde, zum Reifen legen zu können. Doch nach 2005 begann auch China als größtes der BRIC-Länder (Brasilien, Russland, Indien) so richtig zu boomen. Hatte man gerade erst das Potenzial der Ex-Bourbonfässer erschlossen, so wurde es durch das extreme, globale Wachstum erneut wieder knapp.

Großes Wachstum bedeutet auch immer großen Kapitalbedarf. Dabei fließen die Mittel vor allem in das Personal, die notwendige Energie, das erforderliche Getreide und die teuren Fässer. The Macallan ist nun keine Aktiengesellschaft, die frisches Kapital an der Börse aufnehmen könnte. Nein, Macallan gehört in die Edrington Gruppe, die ihrerseits wieder dem gemeinnützigen Robertson Trust gehört. Und als gemeinnütziges Unternehmen hat man nicht so einfach Zugriff auf die Kapitalquellen der Welt. Man muss umsichtig wirtschaften. Um die Expansion nach der überwundenen Internetblasenkrise voran zu treiben, verkaufte man die zur Gruppe gehörende Glengoyne Brennerei an den unabhängigen Abfüller Ian MacLeod. Mit dieser Kapitalspritze konnte man den Bau der neuen Lagerhäuser und den Aufbau der Fasslager stemmen.

Um das Jahr 2009 beschloss man dann, das alte bislang stillliegende Brennhaus mit weiteren Brennblasen zusätzlich anzufahren. Aber auch hierfür war zusätzliches Kapital erforderlich. Man stellte seitens Edrington den Betrieb der Tamdhu Brennerei ein und verkaufte sie ein Jahr später ebenfalls an die Firma Ian MacLeod Distillers.

Alle Zeichen stehen bei Macallan auf Wachstum. Müssen wir jetzt nur noch warten, bis die neu gereiften Single Malt Whiskys den Weg zu uns finden? Leider nicht ganz. Zuerst kommt es für uns noch 'ganz dicke'. Es gab seit Monaten schon Gerüchte, dass die Single Malt Whiskys aus dem Sherryfass jünger als 18 Jahre nicht mehr abgefüllt würden. Alles klar, dachten wir für uns im The Whisky Store. Same procedure as every year – wir müssen wieder direkt importieren. Die gewaltige Menge an Macallan 12 Jahre aus dem Sherryfass, die uns vor Weihnachten 2012 von den Großhändlern erreichte, verdeutlichte uns etwas Anderes. Doch sie stammte wohl aus den südeuropäischen Ländern, weil sie im Rahmen der Krise weniger konsumieren. Also bleibt mehr für Deutschland.

Jetzt im Februar sieht die Sache wieder anders aus. Das waren wohl die letzten Bestände. In Zukunft wird vermutlich die 1824 Serie diesen Part übernehmen. Sie besteht aus den Flaschen Gold, Amber, Siena und Ruby. Alle Malts tragen kein Alter mehr und werden aus Ex-Sherryfässern abgefüllt. Die hohe Nachfrage fordert wohl ihren Tribut. Das Alter muss weichen und junge Whiskys werden untergemischt. Einzig der 18-Jährige wird wohl den Sammlern erhalten bleiben. So war es zu hören.

Und was wird aus der Fine Oak Serie? Schließlich gehen in sie die Ex-Bourbonfässer ein, auf die Macallan auf Grund der schieren Menge nicht verzichten kann. Interessant ist zu sehen, dass es mittlerweile regelmäßig Abfüllungen ohne Altersangabe gibt. So z.B. eine Masters' Edition Fine Oak aber auch eine Whisky Maker's Selection. Wir werden sehen, ob die 10- und 12-jährigen Flaschen der Fine Oak Serie ebenfalls so überkauft wurden, dass nun auf Kollektionen mit eingemischten jüngeren Fässern zurückgegriffen werden muss.

Am Ende gibt es zwei Gedanken. Der erste ist so einfach wie logisch: Auch andere Mütter haben schöne Töchter. Sprich, andere Brennereien produzieren auch guten Whisky. Die Auswahl ist groß wie nie.

Der zweite Gedanke sollte auch unser Denken beeinflussen. Macallan gehört einer gemeinnützigen Stiftung. Und wir sollten dieser Stiftung allen Erfolg der Welt gönnen, damit wir beim Genuss unseres teuren Single Malt Whiskys kein schlechtes Gewissen haben müssen.